Auszüge aus der Zusammenfassung von Jürgen Lessat, Kontext, 19.01.2022
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Der Freiburger Ökostrom-Projektierer Andreas Markowsky beschreibt in einem Buch, wie Amtsträger einfallsreich klimafreundliche Energien verhindern.
"Man könnte herzhaft lachen, wenn es nicht so traurig wäre," gibt Andreas Markowsky die ersten Reaktionen auf sein gerade aufgelegtes Büchlein "Klimaschänder - Gewinner von gestern – Loser von morgen" wieder. Erheiternd in den Geschichten, die der Geschäftsführer der Freiburger Ökostromgruppe auf gut 70 Seiten erzählt, wirkt die unglaubliche Chuzpe der hiesigen Beamtenschaft, die man diesem Berufsstand so nicht zutraut. Deprimierend ist jedoch, dass derart kreative Bürokratenköpfe in Rathäusern und Behörden sitzen – und damit an den Hebeln, die über das Gelingen von Energiewende und Klimaschutz hierzulande entscheiden.
Nach der Lektüre ist gewiss: Nicht nur Großkopferte wie der Bäume umarmende Markus Söder inszenieren sich öffentlich als Kämpfer gegen den Klimawandel, um hinter den Kulissen das genaue Gegenteil zu tun (so beharrt Söders CSU etwa weiter auf der 10-H-Abstandsregel für Windräder, was den Ausbau dieser klimaschonenden Energieform in Bayern fast zum Stillstand gebracht hat). Auf der Bremse stehen auch Leiter und Sachbearbeiter in Behörden. Manche legen Gesetze und Vorschriften so aus, dass Bauanträge für Windparks, Solar-Freiflächenanlagen oder Wasserkraftwerke keine Chance haben. Am Scheitern Anteil haben auch lokale Mandatsträger wie Bürgermeister und Gemeinderäte, die stets für mehr Klimaschutz und erneuerbare Energien sind, im konkreten Fall aber nicht vor der eigenen Tür. Ganz zu schweigen von ideologisierten Natur- und Artenschützern, die vor Ort mit abstrusen Horrorszenarien die Umstellung der Energiegewinnung sabotieren.
Autor Andreas Markowsky hat vor über drei Jahrzehnten die Ökostromgruppe gegründet und in dieser Zeit mit ihr 42 Windräder, rund 150 Solaranlagen und ein halbes Dutzend Wasserkraftwerke im Schwarzwald realisiert, überwiegend mit breiter Bürgerbeteiligung. Wie der Titel seines Buches vermuten lässt, könnten es viel mehr sein, wären ihm und seinen MitstreiterInnen nicht immer wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen worden. "30 Jahre lang habe ich erlebt und erlitten, wie Politik, Interessengruppen, Verwaltungen und sogar Gerichte den Ausbau erneuerbare Energien behindert und verhindert haben", sagt Markowsky. Die absurdesten Erlebnisse hat er in seinem Buch dokumentiert.
"Ein amüsant geschriebenes Buch – auch wenn das Thema sehr ernst ist: Bei der administrativen Verhinderung regenerativer Energien glaubt man in Absurdistan zu sein. Aber in Anbetracht der wahren Geschichten ist dies leider die Realität", kommentiert Erhard Schulz, stellvertretender Landesvorsitzender des Bundesverband Windenergie (BWE) Baden-Württemberg.
Doch Markowsky will nicht nur auf Missstände hinweisen. Sein Buch soll zum Umdenken anregen. "Kern der Botschaft ist die Frage der Priorität", betont er. Die Energiewende scheitere nicht an fehlendem Geld oder Fläche, glaubt der Praktiker. "Wir müssen uns entscheiden, was wichtiger ist: Artenschutz, Denkmalschutz, Landschaftsbild? Oder konsequenter Klimaschutz, um die Lebensgrundlagen für Menschen, Tiere und Pflanzen auf Dauer zu erhalten?" Seine Antwort ist klar. Das Ziel der grün-schwarzen Koalition, 1.000 Windräder im Lande zu bauen, verlange einschneidende Änderungen im Genehmigungsprozess, betont der Windenergieunternehmer.